| Wachstum, Wachstum, und nochmals Wachstum!  Von Roland Spitzer  Wachstum, Wachstum, und nochmals Wachstum! Dies ist die  Zauberformel, welche uns nach Ansicht der Koalition wieder zu Wohlstand  verhelfen soll. Wachstum – das klingt gut! So stimmen viele Menschen in den  Chor der Wachstumsbefürworter ein. Dabei wird gar nicht erläutert, welches  Wachstum eigentlich gemeint ist. Das Wachstum des Einkommens breiter  Bevölkerungsschichten ist wohl nicht gemeint, denn zu viele Menschen müssen  feststellen, dass diese mit immer Weniger ihr Leben gestalten müssen. Wachstum  im Bildungsbereich ist wohl auch nicht gemeint. Gäbe es dieses, dann würden  nicht tausende Studierende gegen Einschnitte im Bildungssystem protestieren!
 Ein umfassenderes Angebot in der  gesundheitlichen Betreuung? Da sah es vor 15 Jahren noch ganz anders aus.  Begriffe wie Medikamenten-,  Hilfsmittelzuzahlung, Praxisgebühr kamen in  unserem Sprachgebrauch gar nicht vor. Dieses „Wachstum“ möchte der  Superdoktor  Rösler beschleunigen, indem er für eine Grundversorgung  plädiert, was wohl nichts anderes bedeutet, dass für immer rasanter steigende  Kassenbeiträge die Erstkonsultation bei einem Arzt abgesichert wird.  Behandlungen, Medikamente, Therapien etc. müssen dann gesondert versichert  werden! So wird in Zukunft die Diagnose des Hausarztes wohl auf zwei  Möglichkeiten hinauslaufen: Entweder sagt er Ihnen, dass Sie gesund sind, oder  dieser erklärt Ihnen, dass Sie tatsächlich krank sind. Anschließend wird er  Ihnen erläutern, wo Sie auf Grund Ihrer privat abgeschlossenen  Zusatzversicherung weiter behandelt werden können.
 Sollten Sie nicht über eine  solche verfügen, wird er Ihnen empfehlen, sich beim Verein „Sozialverträgliches  Ableben und Bestatten (Salbe e.V.)“ anzumelden. Dieser wird selbstverständlich  von der Pharmaindustrie unterstützt. Dies vor allem, damit die Toten nicht  mangels finanzieller Möglichkeiten auf der Straße abgelegt werden! Hier werden  die neoliberalen Politiker weitere Impulse für das Wirtschaftswachstum  ableiten. In Frankfurt a. Main gibt es viele Bankentürme, welche über fossile  Energien beheizt werden.  Diese Ressourcen sind knapp, und werden immer  kostspieliger! Hier lässt sich doch soziales mit dem Nützlichen verbinden!  Jeder zu verbrennende Tote entwickelt bei der Verbrennung auch einen nicht zu  unterschätzenden Heizwert. Gegenwärtig verpufft dieser, und Schadstoffe werden  ungenutzt in die Umwelt geblasen.
 Aus neoliberaler Sicht bestehen  hier ungeahnte Wachstumspotenziale! Jedes Bankhochhaus könnte über ein LHW  (Leichen Heizwerk) kostengünstig beheizt werden. Medienpolitisch lässt sich  dies auch als soziale Wohltat vermarkten. „Legen Sie Ihren geliebten Verwandten  nicht auf der Straße ab – wir unterstützen ihn dabei, einen letzten Beitrag für  das Wachstum unserer Wirtschaft zu leisten! Und die Urne gibt es gratis dazu!“
 
 Aus wirtschaftlicher Sicht  existiert schon heute einen hohes Kundenpotenzial. In der BRD von heute leben  ca. 10 Millionen Menschen von ALG II, Sozialgeld, oder Aufstockungen zum  Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Durch die aus wirtschaftlich vorausschauender  Perspektive Streichung des Sterbegeldes wird es den Angehörigen dieser Personen  nicht mehr möglich sein, diese auf eigene Kosten zu bestatten. Zum Glück haben  wir den Markt! Dieser wird sofort reagieren, und die Entwicklung von LHW  befördern! Was würden wir ohne den Markt  tun? Leichen würden am Wegesrand  liegen und Seuchen befördern!
 Wachstum in Bereichen wie Kultur,  preiswertem öffentlichem Personennahverkehr, oder auch Sporteinrichtungen kann  der Markt nicht realisieren, da er mit den vorstehend genannten Aufgaben  beschäftigt ist. Doch wer oder was ist eigentlich der Markt! Mises, Hayek, oder  Friedman haben als Vertreter und Verfechter des Marktes niemals erklärt, was  dieser wirklich verkörpert! Der Markt ist ein undefiniertes Phänomen! Der Markt  scheint so etwas zu sein, wie Dracula – oder auch Gott, niemand hat ihn je  lebend gesehen, aber er schwebt über uns Allen – so wie ein Damokles Schwert!  Dennoch ist es der gegenwärtigen Bundesregierung unter größten Anstrengungen  gelungen, Wachstum zu ermöglichen! Wachstum im Bereich der Umverteilung von  Unten nach Oben! Hunderte Milliarden an Euros wurden kurzfristig aufgeboten, um  schon heute sehr vermögenden Menschen ihr Vermögen nicht nur zu sichern,  sondern auch noch zu vergrößern!  Sind es doch die Leistungsträger  (Die FDP spricht grundsätzlich von Leistungsträgern – Leistungsträgerinnen  haben in ihrem Weltbild wohl keinen Patz!), welche im Falle einer  Staatsinsolvenz unendlich zu leiden hätten! Millionen würden diese verlieren!  Im Gegensatz zu diesen Verlusten sind Kürzungen bei ALG II Beziehern Rentnern,  oder auch Angestellten im öffentlichen Dienst doch nur Peanuts! Ohne diese  Leistungsträger, wie z.B. Investmentbanker  (R. Zeyer nannte diese einmal  nur noch nicht überführte Kriminelle) würde unsere Gesellschaft nicht mehr –  oder auch besser funktionieren!  Es ist an der Zeit, sich Gedanken  darüber zu machen, ob große Banken, oder mehrheitliche Bevölkerungsschichten  (Too big to fail – zu groß, um zu scheitern) sind. Was ist wirklich zu groß –  eine Hand voll Banker, oder Millionen von BürgerInnen dieses Landes? Zum  Scheitern sind diese Millionen verurteilt – diese sind eben nicht zu groß, da  alle nur einzeln agieren, und auf Unterstützung von Parteien nicht hoffen  können! Funktionären (manchmal auch Frauen) von Parteien geht es um die  Erhaltung ihres sozialen Status! Dies unabhängig von öffentlich geäußerten  Vertretungsinteressen!  Gegenwärtig existiert in der  Bundesrepublik nicht eine  öffentlich wirksame Partei, welche sich  vorbehaltlos für die Interessen von Millionen Menschen einsetzen, welche immer  mehr aus der Gesellschaft gedrängt werden! Von CDU / CSU; FDP; Grünen, oder  auch SPD war dies nicht mehr zu erwarten! Doch auch die Linkspartei scheint  nicht bereit zu sein, diese Aufgabe zu übernehmen!  Hier ist ein Vakuum entstanden.  Ein Vakuum, bei dem noch nicht bekannt ist, wer, oder welche gesellschaftliche  Strömung dieses auszufüllen vermag! Wir wissen nicht, welche Herausforderungen  die Zukunft an uns stellt! Doch eines scheint schon heute sicher zu sein –  Parteien der heutigen Prägung werden gewiss keine Antworten geben! |