| Und wieder steht Tina im Mittelpunkt… von Roland Spitzer 13. Oktober 2008 Tina ist nicht etwa eine besonders attraktive Dame, sondern  sie steht für den Ausspruch einer „Dame“. Die Vorreiterin des Neoliberalismus  in Europa, Margaret Thatcher erklärte mit dem „Tina –Prinzip“ die Notwendigkeit  ihrer Politik. Tina steht für „There is no alternative“  - „Dazu gibt es keine Alternative“. Das wird uns heute auch mit dem Entwurf  des Soforthilfeprogramms der Bundesregierung eingeredet. 500.000.000.000 Euro  (500 Milliarden €) werden zur Verfügung gestellt, damit Schädlinge der  Gesellschaft nicht ihr Geld verlieren. In unserem Land leben etwa 82.000.000 Menschen. Die heute in  Erwägung gezogene Garantie für Banken und Spekulanten würde die Verschuldung je  Einwohner um ca. 6097 € erhöhen. Wenn man nun bedenkt, dass die für das Jahr  2007 durch das Statistische Bundesamt ausgewiesene Pro-Kopf Verschuldung 18.880  € betrug, so wächst diese mit dem „Rettungspaket“ auf  mögliche 25 Tausend Euro! Dies tritt  natürlich nur ein, wenn die 500 Mrd. € auch wirklich zum Einsatz kommen. Doch  mit der Bereitstellung von Garantien muss auch davon ausgegangen werden, dass  diese in Anspruch genommen werden, ansonsten wären diese sinnlos. Nicht  eingerechnet sind hier die bereits vergebenen Milliarden zur „Rettung“ diverser  Landesbanken und der IKB. Die drastische Erhöhung der Pro-Kopf Verschuldung  scheint keine Rolle zu spielen.  Dabei werden die Vertreter des Neoliberalismus nicht müde,  uns immer wieder zu erklären, dass wir unseren Kindern und Enkeln keine  Schulden hinterlassen dürfen – das scheint aber nur dann zuzutreffen, wenn  wirklich Bedürftigen geholfen, oder aber die Qualität des  gesamtgesellschaftlichen Lebens verbessert werden soll! Tina ist aber auch ein kleines Mädchen, welches gerade in  die 5. Klasse versetzt wurde. Ihre Eltern gehören zu den 40% der Deutschen,  welche ohne staatliche Zuwendungen, sei es Wohngeld, erweitertes Kindergeld,  u.v.m., ihr normales Leben nicht mehr gestalten können. Tinas Eltern haben nicht einmal das Geld, das tägliche  Schulessen zu zahlen. Nicht weil diese faul sind – sie werden in dieser  Gesellschaft einfach nicht gebraucht! Doch damit dieser Zustand nicht als  gesellschaftstypisch erkannt wird, werden die Eltern als faul und  schmarotzerhaft diffamiert! Schade nur, dass dies viele Menschen glauben! Tina  gehört aber auch zu jenen Kindern, denen keine Schulden hinterlassen werden  sollen. Für Tina bedeutet dies, dass ihre gesellschaftliche Teilhabe auf ein  Minimum eingeschränkt wird und Ihre zukünftigen Chancen für Bildung und  persönliche Entwicklung auf ein Minimum reduziert werden. Ich weiß nicht, wie  dankbar Tina und ihre Altersgenossen für diese Politik sein werden. Wenn sie  dann noch erfahren, dass Milliarden von Euro dafür bereitgestellt werden, nur  dass aus meiner Sicht kriminelle Spekulanten nicht ihr Geld verlieren, dann  sollte man sich nicht wundern, wenn unsere Kinder später sagen: „So wie Ihr  gewirtschaftet habt, ist es uns unmöglich, eine Rente an Euch auszuzahlen!“ Doch zurück zum Rettungspaket! Gegenwärtig ist alles  möglich, wenn es darum geht, Verluste von Spekulanten und Abzockern so gering,  wie möglich zu halten. In den Medien wird oft davon gesprochen, dass Geld  verbrannt wurde. Mir ist nicht bekannt, dass irgendein Lager mit Geldscheinen  abgebrannt ist! Das Geld ist nicht verloren – es haben sich nur andere  angeeignet, irgendwo gehortet, und wurde damit dem gesellschaftlichen Kreislauf  entzogen. Auch haben die Untenehmen, welche an den Börsen notiert sind,  nichts an Wert verloren. Denn der Börsenwert spiegelt nicht den wahren Wert des  Unternehmens wider. Wenn dies so wäre, dann wären die Börsen überflüssig. Es  sind keine Unternehmen abgebrannt, auch wurden die Ausrüstungen aus diesen  nicht gestohlen. So ist die Bäckerei AG unabhängig von ihrem Börsenwert in der  Lage, auch weiterhin zu backen, und die Gesellschaft mit Lebensmitteln zu  versorgen. Bei steigenden Kursen stehen ja auch nicht plötzlich zwei  Fabrikgebäude nebeneinander! Nun wird uns erklärt, dass wir auf einmal alles verlieren  werden, wenn nicht diese Rettungspakete geschnürt werden. Diese geschürte Angst  vor einem Absturz der Gesellschaft wird dazu genutzt, wieder einen Umverteilungsschub  von „Unten“ nach „Oben“ zu realisieren. Besondere Beachtung sollte die Tatsache finden, dass eine  Kreditkrise, in welcher die Banken faule Kredite abschreiben müssen, dadurch  gelöst werden soll, dass eben diese Banken wieder mit neuen Krediten versorgt  werden sollen. Es sei hier die Frage erlaubt, mit welchen Einnahmen die Banken  die neu in Anspruch zu nehmenden Kredite tilgen wollen? Man hat das Gefühl, als  würde der Versuch gestartet, einen Alkoholiker mit möglichst viel Alkohol von  seinem Leiden zu kurieren! Diese Therapie kann nur in völliger Unkenntnis der Materie,  oder aber in der Absicht, das Problem des Alkoholikers durch sein frühzeitiges  Ableben zu lösen, erfolgen. Woher sollen denn die Banken die Mittel aufbringen, um neue  Kreditlinien zu bedienen? Das kann nur durch die Einführung „intelligenter“ und  „innovativer“ Finanzprodukte erfolgen. Damit wird das Problem zwar verschoben,  jedoch nicht gelöst, denn auch diese Blase wird eines Tages platzen und zur  nächsten Umverteilungsaktion führen. Wieder werden die Gewinne verschwunden  sein, und wieder wird der Gesellschaft verkündet, dass nur die  Opferbereitschaft der Allgemeinheit deren Zukunft sichern kann. So sieht das alternativlose Konzept der Bundesregierung aus.  Dabei ginge aus auch anders. Das haben uns die sogenannten Heuschrecken  vorgemacht. Deren Handeln in Deutschland wurde ja erst durch die Unterstützung  von SPD, Grünen, CDU und FDP möglich. Wenn diese Parteien das Auftreten der  Hedgefonds für besonders wertvoll für die Entwicklung der Bundesrepublik  befunden haben, dann sollten diese auch in einer konzertierten Aktion dafür  eintreten, dass deren Methoden zur Rettung des deutschen Finanzsystems  angewandt werden! Von allen Seiten wird uns erklärt, dass es sich bei der  gegenwärtigen Bankenkrise in erster Linie um eine Vertrauenskrise handelt. Wen  mag es wundern, denn wie von mir schon einmal beschrieben, besteht der  Handlungsgrundsatz unseres Wirtschaftssystems in der Lösung der Frage: Wie  bekomme ich das Geld aus deiner Tasche in meine – und niemals umgekehrt! Das  haben auch unsere Banker verinnerlicht. Es war schon immer so: Gauner trauen  Gauner genau das zu, was sie selber tun würden. Man kann das auch  Vertrauenskrise nennen. Zur Beendigung dieser stehen nun verschiedene Optionen  zur Verfügung.  Die alternativlose, also die von unserer Bundesregierung  vorgelegte Lösung besagt, dass die Bürger unseres Landes mit Bürgschaften dafür  einstehen, wenn sich Banken untereinander Geld leihen. Hier sei ein kleines  Beispiel genannt: Wenn Bank C bei Bank D anfragt, ob sie eine Kreditlinie von  500 Mio. € erhält, wird Bank D darüber nachdenken, was diese mit diesem  frischen Geld anfangen würde. Wahrscheinlich würde Bank C dieses Geld dazu  nutzen, faule Kredite durch frisches Kapital in Guthaben umzuwandeln. Natürlich  entstehen dadurch auch Verbindlichkeiten, doch wenn diese nicht zurück gezahlt  werden, dann besteht auch die Chance, dass Bank D über diesen Streit in Konkurs  geht, da diese selber zahlungsunfähig wird. Dann wird schnell nach dem Staat  gerufen, und im Falle der IKB und einiger Landesbanken ist dieser ja auch mit  Milliardenhilfen eingesprungen. Es standen aber auch andere Handlungsoptionen offen. Noch am  vergangenen Freitag befanden sich Bankaktien im freien Fall. Erst durch die  Bekanntgabe des „Rettungspaketes“ der Bundesregierung legte die Aktie der Hypo  Real Estate wieder um 40% zu. Man hätte dies auch aussitzen können, und darauf  warten, dass diese Aktie nur noch 10 Cent wert ist. Dann hätten wir als  Gesellschaft gewonnen, doch im gleichen Maße hätte dies zu einer Umverteilung  von „Oben“ nach „Unten“ geführt. Dies durfte nicht sein, und so wurde in  Windeseile ein sogenanntes Rettungspaket geschnürt. Und das nur, damit Reiche  kein Geld verlieren! Wir, als Gesellschaft, hätten diese Banken auch zu einem  Bruchteil ihres eigentlichen Wertes übernehmen können. Dann hätten wir diese  nach Manier der Hedgefonds in profitable und unprofitable Bereiche bewerten  können. Als erhaltenswert, und profitabel wären die Privateinlagen der Bürger  und Kreditlinien mittelständischer Unternehmen übernommen worden. Alle  Spekulationsobjekte würden einer Neubewertung zugeführt, ausgegliedert, und in  den Konkurs geführt. Dann wäre auch genügend Kapital vorhanden, um Tinas Zukunft  und die ihrer Kinder, also unserer Enkel zu sichern! Aber diese Chance haben  wir vorerst verspielt! Dennoch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass sich die  Menschen in unserem Lande für ein neues, und zukunftsfähiges  Gesellschaftsmodell entscheiden! |