| Zusammenhänge  – neu gesehen Hier irrt Josef Ackermann Klaus Buschendorf „Die besten Leute kriegen Sie nur  mit den höchsten Gehältern“, sagte (sinngemäß) Josef Ackermann in einem  Interview zu Managergehältern. Der Mann mag solche Erfahrungen gemacht haben. Ich kenne einen Bekannten, der  hatte vor Jahrzehnten ein Alkoholproblem. Er verlor seinen Beruf, seine gute  Stellung, Frau, Kind und Haus. Er kam dennoch darüber hinweg, leitete erst  eine, heute mehrere Selbsthilfegruppen, arbeitet aktiv in einem Verein. All das  sind „Ehrenämter“. Er arbeitet als Wachmann. Gut und angesehen ist er überall –  Geld erhält er wenig. Seiner „Leistung angemessen“ ist es nicht. Ellenbogen mag  er nicht gebrauchen, damit das Geld „seiner Leistung angemessen“ sein kann.  Oft kann man Artikel kluger  Wissenschaftler lesen, welche die Probleme unserer Zeit klar nennen und  praktikable Lösungen vorschlagen. Man wünschte sich diese Leute als  Konzernlenker oder Staatschefs. Das sind sie kaum und wollen es nicht sein.  Ich glaube, dass Josef Ackermann  hier irrt. Er bekommt mit den „besten Gehältern“ die „besten  Ellenbogenmenschen“. Ob es fachlich die besten sind, möchte ich bezweifeln. Da  Geld heute ein sehr zentrales Problem ist, denke ich, dass er mit dieser These  die „egoistischsten“ Menschen unter den besten fachlich Geeigneten auswählt.  Und so sehen die Ergebnisse unserer Konzernlenker und Politiker eben auch aus.  Mein Bekannter hat durch seine  leidvolle Lebenserfahrung gelernt, dass Geld nicht die zentrale Rolle spielen  sollte, wie sie heute spielt. Schauen Sie sich in ihrem eigenen Bekanntenkreis  um, so werden Sie viele Menschen seiner Art finden. Damit rede ich jetzt nicht  von „trockenen Alkoholikern“, sondern von Menschen, denen Geld zweitrangig ist  – soziales Umfeld, gute Familienverhältnisse, Freude überhaupt, sind ihnen  wichtiger. Aber sie kommen nicht „nach oben“. Ihnen fehlen „Ellenbogen“. Wie  wäre es zu verändern?  Josef Ackermann hat jüngst auf Boni  verzichtet. Das ehrt ihn, ich glaube, er ist in seinem Umfeld ein ehrenwerter  Mann. Auch wenn sich halb Deutschland über sein hohes Jahresverdienst aufregt –  in seinem Umfeld ist es nur eines unter vielen. Jüngst las ich, dass sein  Jahresverdienst das Tageseinkommen eines amerikanischen Hedgefondsmanager  gleiche. Genaueres stand nicht in dem Artikel. Das ist auch gar nicht wichtig.  Wichtig ist anderes: Es gibt keine obere Grenze für Einkommen in dieser  kapitalistisch organisierten Gesellschaft! Dass aber die Leistungsfähigkeit  eines Menschen begrenzt ist, bezweifelt wohl niemand. Also müsste die  Gesellschaft auch dafür sorgen, das ein Entgelt für die Leistung nicht in den  Himmel wachsen kann. Das wäre gerecht! Wo läge das rechte Maß? Wir  müssen nicht raten. Wir in Deutschland haben eine Erfahrung, die kaum eine  andere Nation in gleicher Weise hat. In der DDR, in der ich groß geworden bin,  gab es keinen Verdienst, welcher das Vierfache eines Facharbeiters überstieg.  In der BRD, welche die DDR ökonomisch besiegte, in der die Bevölkerung mit  ihrem Leben zufriedener war als die Menschen in der DDR, erhielten  Aufsichtsräte damals das Zwanzigfache eines durchschnittlichen Arbeiters.  Damals beklagte (so hörte ich um 1990) niemand „aus dem Westen“ Zustände, wie  sie heute allgemein üblich sind: Hartz IV, „Tafeln“ und anderes – nicht denkbar. Sollten wir für eine neue  Gesellschaft diese Erfahrung nicht anwenden?    (Neugierige können auf unserer  Homepage die Top-Themen anklicken und lesen „Linke  Gesellschaftsalternative“.)    |